11. Biennale sächsischer Druckgrafik
Bei uns in Europa - angeregt vom gleichnamigen Gedicht Kurt Tucholskys hatte die Ausschreibung für die diesjährige Biennale die politischen wie privaten Rückwirkungen der Flüchtlingskrise in Europa thematisiert. Der grassierende neue Nationalismus, vom schlichten Ressentiment bis hin zu privat agierenden Grenzsicherungsaktivisten, bestätigte in den letzten Monaten eine alte Diagnose des Dichters aus dem Jahr 1927. Daneben stehen die oft emphatischen Begegnungen mit dem Fremden als dem Neuen, Irritierenden, Stimulierenden, dem sich Künstler aus dem Wesen ihres Arbeitsprozesses heraus freudig gegenübersehen. Tucholsky ironisierte das Ressentiment gegen das Fremde und stellt das Selbstbild seiner Zeit in Frage. Wie gehen wir heute mit dem Gegensatz zwischen einer grenzenlos offenen Welt und den notwendigen Abgrenzungen unserer europäischen Identität um? Wie klar umreißbar und statisch ist diese überhaupt? Wie gelingt es, beides, das Fremde und das Vertraute, miteinander leben, einander fruchtbar werden zu lassen?Für die Kunst kann jede Begegnung des Eigenen mit dem Fremden, neben der Selbstbefragung (Das Fremde in mir) vor allem eine Bereicherung bedeuten. Überall werden heute Identitätsdebatten gefordert. Kultur spielt darin eine große Rolle, denn gerade die Künste haben den Bild- und Symbolfundus für Europas Identität geschaffen. Aus Konfrontation und Reibung wachsende Spannungen führen die Kunst weiter, machen sie radikaler, schöpferischer, aktueller und lebendiger.Gesucht waren die Auswirkungen des Fremden auf die eigene Bildproduktion - sei es in der Themenwahl, den Bildgegenständen, dem Erzählmodus, der gewählten Technik oder dem Einfluss bislang fremder Formen und Farbigkeiten. Die Auslober des Wettbewerbs zur Grafikbiennale interessierten sich, inwieweit die politischen Entwicklungen Einfluss auf die Bildgestalten nehmen, ob und wie fremde Formen, nicht nur arabische und afrikanische, auch in der aktuellen Kunst als Anregung begriffen und genutzt werden, wie fremde und vertraute Formen aufeinander Einfluss nehmen, eventuell gar neue Arbeitsweisen und Techniken entstehen.Teilnahmeberechtigt waren alle Künstlerinnen und Künstler, deren Schaffens- und Wirkungsschwerpunkt in Sachsen liegt. Eingereicht werden konnten maximal vier einzeln oder als Zyklus konzipierte druckgrafische Blätter, die seit 2014 entstanden sind.Es zeigte sich, dass der politische Hintergrund der Ausschreibung auf die Form der Einreichungen einwirkte. Das grafische Element dominiert gegenüber den malerischen Ansätzen die ausgewählten Blätter. In ungewöhnlich großer Zahl wurde dabei der Linolschnitt mit seinen produktionsbedingt harten Kontrasten im Druckbild eingesetzt. Die Zahl junger Künstlerinnen und Künstler unter den Bewerbern stieg deutlich. Die Einreichungen dieses Jahres dokumentieren eine Tendenz, die von den Qualitäten der Vervielfältigbarkeit und Schnelligkeit immer mehr abrückt in Richtung unikater, komplexer und verfeinerter Druckwerke. Trägermaterialien wechseln und die Bildfindung muss schon lange nicht mehr allein auf einer Zeichnung basieren, wie es der griechische Ursprung des Wortes suggeriert.Die Biennale sächsischer Druckgrafik ist der Versuch, in regelmäßigen Abständen ein Bild der aktuellen Entwicklungen im Bereich der Druckgrafik in Sachsen zu geben. Für eine möglichst breite Kenntnis des aktuellen Geschehens wird eine offene Ausschreibung unter professionellen Künstlerinnen und Künstlern herausgegeben, aus deren Einreichungen eine Fachjury die Ausstellung zusammenstellt.Zum Wettbewerb der 11. Biennale hatten 122 Künstlerinnen und Künstler 334 Arbeiten eingereicht. Für die 100 ausgewählten Grafiken galten der Jury die überzeugende grafische Form und die Prägnanz der künstlerischen Sprache als höchste Kriterien. Ihr gehörten Franca Bartholomäi, Künstlerin aus Halle/S., Oliver Kossack, Leiter der künstlerischen Werkstätten an der HGB Leipzig, der Altenburger Grafiker Peter Schnürpel, Alexander Stoll, Kustos der Sammlung Neue Sächsische Galerie, die Kunstwissenschaftlerin an der Städtischen Galerie Dresden Carolin Quermann sowie Mathias Lindner, Direktor der Neuen Sächsischen Galerie an.Beteiligte Künstler:Harald Alff, Katharina Bloch, Christian Bold, Roger Bonnard, Wolfgang Böttcher, Frank Degelow, Andreas Dress, Christine Ebersbach, Katja Enders, Patrick Fauck, Christoph Feist, Heinz Ferbert, Andreas Garn, Karlheinz Georgi, Hubertus Giebe, Christl Maria Göthner, Udo Haufe, Wolfgang Henne, Frithjof Herrmann, Karl Herrmann, Andreas Hildebrandt, Klaus Hirsch, Michael Hofmann, Gudrun Höritzsch, Jürgen Höritzsch, Kai Robert Kluge, Stefan Knechtel, Jennifer V. König, Timm Kregel, Mandy Kunze, Lichtblau, Chris Löhmann, Irini Mavromatidou, Johannes Müller, Maja Nagel, Akos Novaky, Vivien Nowotsch, Orlando, Osmar Osten, Sylvia Pásztor, Gudrun Petersdorf, Danilo Peysa, Tanja Pohl, Stefanie Pojar, Nadja Poppe, René Pützschel, Thomas Ranft, Dagmar Ranft-Schinke / Lydia Thomas, Lothar Rericha, Markus Retzlaff, Sandra Rosenstiel, Jürgen Schieferdecker, Andreas Schüller, Anija Seedler, Anja Seidel, Karola Smy, Wolfgang Smy, Reinhard Springer, Max Uhlig, Frank Voigt, Heike Wadewitz, Christine Wahl, Sven Wenig, Susanne Werdin, Anja Winkler, Tina Wohlfarth, Elke Wolf, Axel Wunsch, Silvio ZeschDank großzügiger Spenden konnten erneut sieben Preise für herausragende Arbeiten vergeben werden.PreisträgerKunstpreise der Volksbank Chemnitz eG: Karola Smy, ORLANDO, Chris LöhmannKunstpreis der Kanzlei INGENSIEP Fachanwälte Rechtsanwälte: Christian BoldKunstpreis der Sozietät Handschumacher Partner Rechtsanwälte: Christoph FeistKunstpreis der FASA AG: Gudrun HöritzschKunsthüttenpreis: Christine EbersbachKatalog
Sonntag, 25. September 11 UhrÖffentliche Führung mit Alexander Stoll, Kustos Neue Sächsische GalerieSonntag, 25. September 14 UhrKunst in Familie: Einzigartig und andersFamiliennachmittagDienstag, 4. Oktober 19.30 UhrGespräch mit beteiligten Künstlern: Tina Wohlfarth, Gudrun Petersdorff, Karl HerrmannSonntag, 30. Oktober 14 UhrKunst in Familie: Linolschnitt - eine HochdrucktechnikFamiliennachmittagDienstag, 1. November 19.30 UhrGespräch mit beteiligten Künstlern: Irini Mavromatidou, Stefan Knechtel, Susanne Werdin, Andreas Hildebrandt (angefragt)Sonntag, 13. November 15 Uhr FinissageAusstellungsrundgang mit Jurymitgliedern des Wettbewerbs 100 Sächsische Grafiken 2016
Buntes Menschengewimmel(Vorschule und Klassen 1 bis 2)Wir selbst - die Fremden(Linolschnitt, Klassen 3 - 7)Fremde Formen - doch bekannt(Klassen 8 - 12)(um Anmeldung wird gebeten)
Öffentliche Führung dienstags 17 UhrUnser besonderer Dank gilt allen Künstlern, die sich am Wettbewerb beteiligt haben, den Förderern des Kataloges sowie den Stiftern der ausgelobten Preise.Preisstifter und Förderer:Kulturmanagement Stadt Chemnitz I Volksbank Chemnitz eG I Ingensiep Fachanwälte Rechtsanwälte I FASA AG I Handschumacher Partner Rechtsanwälte I Neue Chemnitzer Kunsthütte e.V.Pressemitteilung
Ausstellungszeitraum: 6. September bis 13. November 2016Gefördert vom Büro für städtisches Kulturmanagement Chemnitz und dem Neue Chemnitzer Kunsthütte e.V.
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