Stiche
In ihrer grafischen Arbeit widmet sich Bettina Haller mit besonderer Vorliebe dem Acrylstich, einer Hochdrucktechnik, die sich aus dem Holzstich entwickelte.Geschnitten wird mit dem feinen Werkzeug der Radierer (Tiefdruck), mit der Nadel und kleinen Sticheln. So konnten höchstfeine, tonige Drucke entstehen, die bis zur Erfindung der Fotografie das bevorzugte Reproduktionsmittel wurden. Der dominante handwerkliche Charakter der Technik hat lange Zeit die Entwicklung einer selbständigen künstlerischen Gebrauchsweise behindert. Erst in den fünfziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts fand der Holzstich und später der Acrylstich künstlerischen Nährboden zunächst im Schwäbischen, später auch im Umfeld der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst, insbesondere bei Karl-Georg Hirsch.Wer sich für den Stich entscheidet, entscheidet sich zugleich für die kleine Form. Bettina Haller unterläuft die Suggestionen eines kleinen Formates mit monumentalen Anlagen und überraschenden Fokussierungen. Ihre Landschaften sind tief und weit, von wenigen Linien im Raum organisiert. An andere Bildsituationen rückt sie so nahe heran, dass das Dargestellte wie unter einem Glas vergrößert und verzerrt erscheint. Es wird deutlich, dass eine monumentale Wirkungsweise weniger vom Ausgangsformat abhängt, als von der Bildorganisation.Hallers Bildräume entstehen mit drastischen Mitteln. Alle perspektivischen Linien werden gekrümmt, der Raum gedehnt oder verkürzt, kurz, gespannt wie ein Bogen, seine Leere angefüllt mit Erwartung.Figuren fehlen meist auf ihren Blättern, gelegentlich entdeckt man sie spät, angeschnitten und überraschend im Blickwinkel. Sie scheinen außen Stehende wie wir Betrachter zu bleiben und blicken in einen Erlebnisraum voll von Zurückgebliebenem und voller Versprechungen.Vieles bleibt rätselhafter Gegenstand, angedeutet in variantenreichen Schraffuren der Gegenstandsflächen. Bettina Haller erfindet expressive Oberflächen, gibt ihnen kraftvollen Charakter. Manche Flächen gar erhalten einen Zeitausdruck, sie scheinen zu fliehen. In diesen Bildräumen, die frei von menschlicher Handlung sind, gewinnen die wenigen Gegenstände und ihre Beziehungen verstärkt Bedeutung. Haller trägt in klare Situationen Fremdkörper hinein: geringelte Stäbe, Faltschiffchen, überdimensionierte Stoffe oder Papiere, die als Boten durch das Bild schweben wie in den alten Erzählungen allerlei mythologische Wesen.Bettina Haller arbeitet häufig zu literarischen Texten. Zahlreiche Künstlerbücher, die in der eigenen Druckwerkstatt entstanden, werden ebenfalls in der Ausstellung präsentiert.Zur Ausstellung erscheint der erste monografische Katalog zum Werk der Künstlerin.
Vita1971 in Karl-Marx-Stadt, jetzt Chemnitz, geboren1978 bis 1990 Schulbesuch und Abitur1990 bis 1995 Studium an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig, Grundstudium im Fachbereich Buchgestaltung, Absolvieren der unterschiedlichsten Kurse und Erlernen der grafischen Drucktechniken, spezielle Hinwendung zum Holzschnitt während des Fachstudiums bei Prof. Rolf Felix Müller,1995 Diplom mit verschiedenen Künstlerbüchern (Holzschnitt, Bleisatz, künstlerischer Handeinband)1995 bis 1998 Meisterschülerstudium bei Prof. Karl-Georg Hirsch, intensive Beschäftigung mit der Technik des Acrylstiches,1997 2. Preis der Internationalen Kleingrafik-Biennale Ostrow Wielkopolski (Polen)1998 Meisterschülerdiplom,seit 1998 Arbeit als selbständige Grafikerin in Chemnitz und Betreiben einer kleinen Druckwerkstatt (SONNENBERG-PRESSE) für künstlerischen Handpressendruck (seit 2004 Mitarbeit von Birgit Reichert), Herausgabe von Künstlerbüchern und Grafikmappen in kleinen Auflagen, Illustrationsarbeiten für Verlage2008 Einladung zum Internationalen Grafiksymposium Zwickau „Zebra 4“2008 „Von Taube Preis“ Kategorie Künstlerbuch der 8. Künstlerbuch-Messe Wasserschloß Klaffenbach bei Chemnitz für die Edition der LyrikHefte (mit Andrea Lange)
Katalog zur Ausstellung
Sonntag, 26. Juni, 14 UhrKunst in Familie: Ein Satz aus Buchstaben setzt sich ins Leporello...Familiennachmittag
Öffentliche Führung donnerstags 16 Uhr,weitere museumspädagogische Angebote auf Anfrage.
Ausstellung vom 31. Mai bis 21. August 2011
Die Ausstellung wird gefördert durch das Kulturbüro der Stadt Chemnitz und den Neue Chemnitzer Kunsthütte e. V.
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